Noch einmal zu Maschinen im Netz – oder weshalb Werbung überflüssig wird

Letzte Woche habe ich bereits darüber gebloggt, wie Maschinen, Roboter oder Algorithmen (gemeint: Prozesse, die nicht vom Menschen gesteuert werden) in der Lage sind, Aufgaben zu übernehmen, von denen man denken würde, sie könnten nur von Menschen ausgeführt werden. Insbesondere ging es um das Verfassen journalistischer Texte und um Anlegeentscheide an Börsen.

Ich bin der Meinung, dass wir heute nur an wenigen Beispielen sehen können, wie maschinelle Abläufe die Struktur unserer Welt in kurzer Zeit prägen werden. Letztlich kreisen diese Abläufe um die Möglichkeit, dass es den Menschen als Nutzer der Technologie nicht mehr braucht, sondern die Technologie mit sich selbst zu interagieren beginnt. Man spricht dabei auch vom Internet der Dinge. Im Folgenden zwei weitere Beispiele:

1. Wie Algorithmen Preise bestimmen

In den USA gibt es schon länger Supermärkte, bei denen die Preise digital an den Regalen angezeigt werden, nicht aber auf den Produkten. Die Preise sind so anpassbar. Der ideale Supermarkt wäre (für die Betreiber) einer, der die Preise jeweils optimiert, so dass viele Leute möglichst viel für die Produkte bezahlen (z.B. könnte der Preis jeweils erhöht werden, wenn es nur noch wenig von einem Produkt gibt oder er könnte gegen eine Gebühr durch den Hersteller gesenkt werden, wenn Konkurrenzprodukte besser verkauft werden etc.).

Ein solches Beispiel beschreibt der Biologie Michael Eisen auf seinem Blog: Verkäufer, die auf der Plattform von Amazon aktiv sind, passen ihre Preise mittels Algorithmen an die Preise anderer Verkäufer an. Das Beispiel von Eisen zeigt, wie so der Preise eines Buches kurzzeitig bei über 23 Millionen Dollar lag. Niemand zahlt 23 Millionen Dollar für ein Standardbiologiebuch, ob es nun vergriffen ist oder nicht – doch das wissen die Algorithmen ja nicht, weil sie nur gegeneinander spielen (oder nur ihrem festgelegten Ablauf folgen).
Das Fazit wäre so simpel wie schwerwiegend: Wenn die Bots übernehmen, dann kann einiges außer Kontrolle geraten.

2. Warum Werbung überflüssig wird

Ein zweites Beispiel entnehme ich der Monster-Rezension der zweiten deutschen WIRED-Ausgabe durch Christoph Kappes. Kappes schreibt in Werben und Verkaufen über eine Kolumne von Amir Kassaei:

Wo langfristig Käufer die Kommunikationsbedürfnisse anderer Käufer befriedigen und wo es um Commodity-Produkte geht, steht Werbung generell auf dem Prüfstand. Denn wo nichts Substantielles zu kommunizieren ist, erzeugt Werbung statt Wert nur Kosten, sie ist ökonomisch sinnlos, gar im Wortsinn kontra-produktiv. Denkt man das ein paar Dekaden weiter, muss man über eine andere Ebene reden: Warum sollen Käufer Inszenierungen glauben in einer Welt, in der Roboter die industrielle Fertigung übernehmen? Wo ist eigentlich der Ansatzpunkt für Werbung, wenn „die Dinge“ miteinander kommunizieren, etwa weil der Kühlschrank einen Dauerauftrag laufen hat und die Kassaei-sche, von Social Media geprägte „Beziehung“ sich für Fremdprodukte gar nicht mehr medial durchdringen läßt, es sei denn es gibt eines Tages werbefinanzierte Kühlschränke, was zu befürchten ist?, Man muss mittelfristig die Frage stellen: Welche Wertschöpfung leistet eigentlich Werbung?

Kurz gesagt: Bald werden wir nicht mehr einkaufen, sondern unseren Kühlschrank programmieren. Er wird dann mehr oder weniger automatisch Bestellungen rausschicken (z.B. wenn die letzte Milchpackung angebrochen wird, wird eine neue bestellt). Der Kühlschrank wird Kaufentscheidungen nach Kriterien fällen, die wir ihm mitteilen können.

Internetkühlschrank von LG

Wie Roboter zu Journalisten und Tradern werden

Mit meinen Schülerinnen und Schülern habe ich ein Blogprojekt durchgeführt. Als erste Kommentare von nicht Klassenmitgliedern eintrafen, setzte eine Art Jubel ein:

»Hennes« gibt es aber nicht. Er ist ein so genannter Bot – ein Computerprogramm, das wie ein Roboter handelt. »Hennes« hinterlässt Kommentare, die so aussehen, als seien sie echt  (immerhin nimmt er Bezug auf WordPress und macht der Autorin ein Kompliment, was Computerprogramme sonst selten tun).

»Hennes« ist ein so genannter »Comment Spammer«-Bot. Wie die Grafik von incapsula.com zeigt, stammt gut die Hälfe von allem Internettraffic von Bots, rund ein Drittel von bösartigen:

Nun gehen wir grundsätzlich von Beispielen aus, bei denen Menschen – also die oben verlinkte Bloggerin – mit computergenerierter Kommunikation konfrontiert werden: Z.B. Spam, Suchergebnissen etc.

Ein aufschlussreicher Essay des Internet-Skeptikers Evgeny Morozov – deutsch in der FAZ, englisch bei Slate –  hält nun Beispiele fest, bei denen aber nur noch Bots mit Bots interagieren:

Oder nehmen wir den Finanzjournalismus. Deren ehrwürdige Institution Forbes stützt sich auf die junge Firma Narrative Science, mit deren Hilfe automatisch Artikel über die voraussichtliche Entwicklung von Unternehmenszahlen generiert werden. Man gibt ein paar statistische Daten ein, und im Handumdrehen liefert die Software gut lesbare Artikel. Oder wie Forbes sagt: „Narrative Science verwandelt Daten in Texte und Einblicke.“ Die Ironie der Geschichte ist natürlich, dass Automaten Texte über Unternehmen „schreiben“, die ihr Geld mit automatisiertem Trading verdienen. Diese Texte werden dann wieder in das Finanzsystem eingespeist, so dass die Algorithmen noch lukrativere Geschäftsmöglichkeiten entdecken. Im Grunde ist das Journalismus von Maschinen für Maschinen. Aber zumindest fließt der Gewinn in die Taschen realer Menschen.

Morozov beschreibt eindrücklich, was für ein Potential robotergenerierter Journalismus hat: Texte werden personalisiert und nehmen Rücksicht auf unsere Lesegewohnheiten, die nicht nur Google kenn, sondern auch Amazon, weil wir Kindle für die Lektüre unserer Bücher nutzen. Heute können Computerprogramme schon innert Sekunden politische Berichte schreiben (sie entnehmen Informationen Tweets und Webseiten), Sportberichte und Ähnliches. Morozovs Fazit lautet:

Die eigentliche Gefahr liegt darin, dass wir nicht nach den sozialen und politischen Konsequenzen fragen, die in einer Welt zu gewärtigen sind, in der anonymes Lesen kaum noch möglich ist. Die Werbebranche will, gemeinsam mit Google, Facebook und Amazon, diese Welt möglichst rasch nach ihrem Geschmack einrichten; aber eigenständiges, kritisches und unkonventionelles Denken wird es in dieser Welt immer schwerer haben.

Mein Schluss aus diesen technologischen Möglichkeiten wäre, dass menschengemachter Journalismus nur eine Chance hat, wenn er eben menschlich ist – und nicht Informationen übernimmt, das Erwartbare und Erwartete liefert und nicht versucht, schneller zu sein als die anderen. Denn Computer können all das besser als Menschen.

Wie man einen Passwort-Manager einsetzt – und warum: LulzSec

LulzSec beschreibt sich selbst wie folgt:

Hello, good day, and how are you? Splendid! We’re LulzSec, a small team of lulzy individuals who feel the drabness of the cyber community is a burden on what matters: fun.

Die Gruppe, die sich als eine Sicherheitsfirma ausgibt, ist auf »lulz« aus, d.h. auf Spass (abgeleitet von »lol«, laughing out loud). Lulz kann man auf verschiedene Arten generieren: Grundsätzlich geht es darum, jemandem einen Streich zu spielen und sich darüber zu freuen. Also z.B. einer Person, die man nicht mag oder nicht kennt, 300 Pizzas zu bestellen, die sie dann bezahlen muss. Oder Webcams von Fotoentwicklungsfirmen zu hacken, Bilder davon zu machen und diese dorthin zum Entwickeln zu schicken. Oder unschuldigen Menschen harte Pornographie zukommen zu lassen.

Man merkt: Meistens sind die »lulz« nicht für alle Beteiligten gleich stark. Es geht auch um Schadenfreude.

LulzSec hat gestern 62’000 Passwörter veröffentlicht, die sie vermutlich durch einen Hack der Datenbank von writerspace.com erhalten haben. Veröffentlicht werden solche Files per Twitter:

https://twitter.com/#!/LulzSec/status/81477231016288256

Leute, die diese Passwörter downloaden (davon gibt es Tausende), probieren dann, ob sie auch bei anderen Internetdiensten gehen (z.B. Amazon, PayPal, Netflix etc.) und machen dort entweder halbwegs lustige Sachen, oder aber schädliche.

Das Problem ist nun, dass die meisten Leute auf diese Art und Weise verwundbar sind. Auch wenn man davon ausgeht, dass LulzSec nicht Amazon oder Facebook hacken kann (wobei man sich dessen nicht zu sicher sein sollte), so gibt es doch viele unter uns, welche immer wieder dieselben Passwörter benutzen. Ich nehme mich da nicht aus – über Jahre habe ich Variationen von drei oder vier Passwörtern an verschiedenen Orten benutzt; letztlich an so vielen, dass ich nicht mal mehr weiß, wo ich welches Passwort benutzt habe.

Wie löst man dieses Problem? Es gibt sicher mehrere Methoden, ich dokumentiere nun die von mir gewählte:

  1. Kauf von 1Password. (Kostet für einen PC und mobile Geräte zusammen 50 Franken.)
  2. Installieren von 1Password.
  3. Ändern von allen relevanten Passwörtern und ersetzen durch von 1Password generierten Passwörter.
  4. Einrichten der Synchronisation zwischen 1Password auf dem PC und auf den mobilen Geräten.
Die Passwörter werden dann von 1Password zentral gespeichert und verschlüsselt – man muss sie nicht mehr kennen, sondern braucht nur ein Master-Passwort. 1Password ist durch eine Extension direkt im Browser verfügbar und kann einem helfen, Passwörter zu erfinden; es erinnert sich zudem an alle verwendeten Passwörter (im Bild oben rechts).

Präventive verdeckte Ermittlung – auch hier ein Appell an die Vernunft

Die NZZ berichtet heute von der Verurteilung eines 23-jährigen Schweizers:

Täter gefasst – dank präventiver verdeckter Ermittlung im Netz
23-jähriger Schweizer will Sex mit einer 13-Jährigen, doch diese ist in Tat und Wahrheit ein Polizist

Ein 23-Jähriger will also eigentlich Sex mit einem Polizisten, der so tut, als wäre er eine 13-Jährige – und wird dafür verhaftet.

Der Täter wurde dabei nach altem Recht verurteilt, mit der neuen Strafprozessordnung wäre die Ermittlung des Polizisten illegal. Die NZZ schreibt:

Heute gilt für solche Fälle Artikel 286 der neuen schweizerischen Strafprozessordnung, und diese Norm sieht eben nicht mehr vor, dass ohne konkreten Tatverdacht verdeckt im Internet ermittelt werden kann.
Politiker und Rechtsgelehrte streiten zurzeit über die Frage, ob man nun die Lücke im eidgenössischen Strafprozessrecht oder aber in den kantonalen Polizeigesetzen füllen soll, wie es zum Beispiel der Kanton Schwyz getan hat.

Die Frage, ob es sich um Lücke handelt, die gefüllt werden muss und soll, wird gar nicht erst gestellt. Deshalb noch einmal meine Position:

Verdeckte Ermittlung bedeutet, dass die Polizei im Internet als Lockvögel agiert und Menschen (oder ihre Internetpräsenz) überwacht, ohne dass sie auch nur den Verdacht haben muss, dass diese Menschen etwas Verbotenes tun könnten. Diese Menschen, um konkret zu werden, sind Sie, diese Sie diesen Text lesen, ich und alle Menschen, die wir kennen. Also: Die Polizei würde jeden überwachen können und jeden zu Straftaten verführen.

Ist es nun wirklich so klar, dass wir das wollen müssen? Ich will es nicht. Ich finde es unvernünftig und einem Rechtsstaat nicht würdig. Und es spielt keine Rolle, ob man den betreffenden Schweizer verhaften konnte oder nicht.

Fernsehen und Internet – oder doch noch zu Wikileaks

Als ich in die Oberstufe ging, war die Aussage, man habe zuhause keinen Fernseher, klares Indiz dafür, dass man auch einem bildungsbürgerlichen Haushalt stammte. Vor einigen Tagen habe ich den Fernseher in meiner Wohnung weggeräumt – und ich bin sicher, ich werde ihn nie vermissen: Nicht, weil ich nun nur noch Bücher lesen werden und Gesellschaftsspiele spielen, sondern weil das Gerät »Fernseher« in einem digitalen Zeitalter obsolet geworden ist. In zehn Jahren werden Jugendliche wohl nicht mehr verstehen, wie es war, als Fernsehsendungen nur zu einer bestimmten Zeit liefen.

Ganz allgemein: Mein Fernsehen, meine Filme, meine Bücher, meine Zeitschriften, meine Tageszeitungen – sie sind alle im Internet. Luhmann schrieb am Anfang von Die Realität der Massenmedien:

Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien.

Heute kann man »Massenmedien« getrost durch »Internet« ersetzen. Klar gibt es noch JournalistInnen, welche Wissen auf Papier vermitteln – aber dieses Papier wird mit digitalen Inhalten gedruckt, genau so wie das Fernsehen mit digitalen Inhalten gemacht wird.

Das an sich ist eine völlig triviale Feststellung. Das Problem entsteht, wenn man sich die Konsequenzen vor Augen führt. Die Konsequenzen zeigt uns der Fall Wikileaks auf. Die Infrastruktur, welche wir für das Internet benötigen, wird staatlich kontrolliert. Und zwar nicht unbedingt so, dass der Staat, in dem ich lebe, die Infrastruktur kontrolliert, die ich nutze – sondern so, dass irgendein Staat Infrastruktur zur Verfügung stellt, Instanzen kontrolliert und letztlich Inhalte überwachen und ausschließen kann. Anonymous formuliert das wie so:

In the 21st century, technology allows states to bemore intrusive than ever, and governments are making the most of these new abilities.

Die Gefahr ist dabei, dass diese Kontrollmechanismen intransparent sind und bleiben und man sich so lange nicht für das Internet interessiert, wie es als Tummelplatz von Jugendlichen und Technikfreaks angeschaut wird – und doch letztlich sämtliche Alternativen absorbiert. Die Horrorvision: Ein kontrolliertes, reguliertes, unfreies Internet ohne demokratische Kontrolle – und keine anderen Medien, welche eine andere Perspektive anbieten können.

Die Hoffnung besteht, dass es immer Staaten geben wird, welche mächtig und vernünftig genug sind, um sich wehren zu können. Diese Hoffnung ist aber eine kleine – welche Staaten sollen das denn letztlich sein?

* * *

Der Journalismus-Professor Jay Rosen hat fünf Konsequenzen aus der Wikileaks-Geschichte (in Bezug auf journalistische Arbeit) gezogen. Er hat sie getwittert, ich übersetze sie recht frei:

  1. Wikileaks ist der erste staatenlose Verlag (»news organisation«), der aufzeigt, wie statisch Journalismus im herkömmlichen Sinne funktioniert.
  2. Die Quellen, welche Wikileaks die Dokumente zuspielen, wählen Wikileaks um zu zeigen, dass diese Art von Journalismus der herkömmlichen vorzuziehen ist.
  3. Die Presse als »Wachhund« ist gestorben und wurde ersetzt durch eine Überwachung der Mächtigen, bei der die herkömmliche Presse nur noch ein Teil ist.
  4. Staaten haben ein Gewaltmonopol. Aber er hat kein Monopol auf legitimer »digitaler Gewalt«.
  5. Wenn Journalisten etwas wissen, was sie der Öffentlichkeit nicht mitteilen können, entfremden sie sich von diesem Publikum. Wikileaks minimiert dieses Problem.

 

Die so genannte »Gesetzeslücke» bei der Internetüberwachung

Nachdem heute 10vor10 und sämtliche Boulevardmedien der Schweiz über die Pädophilen berichtet haben, die der Polizei zufolge zu jeder Tages- und Nachtzeit ihr Unwesen im Internet treiben, um Opfer für ihre Schandtaten zu finden, profiliert sich die CVP als Vorreiterin bei der Forderung nach der Möglichkeit, weiterhin »verdeckte Ermittlungen« im Internet durchführen zu können. Die offizielle Sprachregelung ist bereits, dass es sich um eine »Gesetzeslücke« handle.

Pädophilie ist selbstverständlich immer das effizienteste Thema, um ein Vorhaben durchzubringen. Wer auch immer nur Zweifel an der Idee einer verdeckten Ermittlung im Internet zu äußern wagt, steht sofort unter dem Verdacht, Pädophile bei ihren Machenschaften helfen zu wollen. Ich sag deshalb noch kurz: Ich will nicht, dass Kinder Opfer von Pädophilen werden.

Und nun kommt, um was es geht: Ich will nämlich auch nicht im Internet von »verdeckt« ermittelnden Polizisten belauscht werden. Ich will nicht beim Chatten abgehört werden, ich will nicht, dass meine Emails gelesen werden und ich will nicht, dass meine Harddisk durchsucht wird. Weil der Staat das Recht dazu nicht haben sollte, die digitale Privatsphäre seiner Bürger systematisch zu verletzen. Es gibt also keine Gesetzeslücke, wie ich finde.

Und das Argument, dass niemand etwas zu befürchten habe, der nichts Verbotenes tue, kann man sich schenken – ich will auch nicht belauscht werden, wenn ich nichts Verbotenes tue.

* * *

Ich muss noch einen Gedanken anfügen:

Was im »Tatort Internet« offenbar passiert, ist Folgendes: In einem Chatroom gibt sich ein(e) Polizist(in) als Kind aus und trifft dort auf eine Internetidentität, welche sich pädophil verhält. Genau gleich wie es sich nicht um ein Kind handelt, das sich in diesem Chatroom aufhält, könnte es auch sein, dass es sich nicht um einen pädophilen Menschen (oder um einen Menschen mit der Absicht, pädophile Straftaten zu begehen) handelt, der sich im gleichen Chatroom aufhält. Das Problem, ganz kurz, ist die Annahme, Internetprofile seien mit realen Identitäten identifizierbar. Oder in den Worten von Julia Schramm (@laprintemps):

[…] nichtsdestotrotz ermöglicht das Internet eine freiere und ehrlichere, eben weil offen konstruiert und künstlich, Identitätsentwicklung. Hier liegt nicht zuletzt der Grund für einen Angststrang rückständig und übertrieben konservativ denkender Menschen, die ohne eindeutige Schubladen die Orientierung verlieren. [Quelle: Lesenswerter Blogpost zu Internet und Identität]

* * *

Soeben habe ich diesen juristisch differenzierten Post zum deutschen Problem »Tatort Internet« gelesen. Die Rechtsanwälte Lampmann, Behm und Rosenbaum gehen davon aus, dass »die grundsätzliche Frage, ob Kinder und Minderjährige auch vor sexuellen Übergriffen beziehungsweise deren Anbahnung im oder über das Internet (Cyber-Grooming) geschützt werden müssen, [von jedermann] zweifelsfrei von zu bejahen sein [müsste].«

Danach untersuchen sie eine Reihe von medienrechtlichen Fragen zu den Möglichkeiten im Umgang mit diesem Problem und kommen zu folgendem Schluss:

Wer in der aktuellen Diskussion die Problematik des Schutzes von Minderjährigen oder von Kindern mit dem Problem einer damit einhergehenden Persönlichkeitsrechtsverletzung vermischt und zum Ergebnis kommt, dass einem potentiellen Straftäter keinerlei Schutz seines Persönlichkeitsrechtes zukommen darf, hat das rechtstaatliche Prinzip nicht verstanden bzw. ist auf einem emotionalen Schritt stehen geblieben, welcher in letzter Konsequenz ausgerechnet den auf diese Weise vehement geforderten Rechtsstaat in seinem Bestand gefährden kann.

Das würde ich sofort unterschreiben.

Die »Gratiskultur« – erste Resultate von Kurt Imhofs Forschergruppe

Kurt Imhof hat Mittel gesucht, um mit einer Forschergruppe die Schweizer Medienlandschaft unter die Lupe zu nehmen. Er kommt zu folgenden Befunden:
  • In allen Mediengattungen wächst das Angebot an Klatsch bzw. an Softnews, welche die klassischen publizistischen Kernthemen Politik, Wirtschaft und Kultur zurückdrängen.
  • Die Nachhaltigkeit der Berichterstattung lässt nach. Episodische, auf Personen, Konflikte und Katastrophen zugespitzte Informationen nehmen zu.
  • Obwohl die Welt zusammenwächst, schotten sich die Medien ab, indem sie die Auslandberichterstattung stark abbauten.
  • Die Wirtschaftsinformation bleibt mangelhaft.
  • Der Erfolg der Gratiszeitungen und die Gratisangebote im Internet senkten unter den Konsumenten das Bewusstsein dafür, dass Informationsqualität etwas kostet.
  • Die Einbruch bei den Werbeeinnahmen erschwert die Finanzierung der redaktionellen Leistungen.
  • Die Bedeutung derjenigen Medientitel, die wenig zur Informationsqualität beitragen, wird weiter wachsen.
  • Der recherchierende, einordnende Journalismus gerät weiter unter Druck.
  • Auch die Presse orientiert sich vermehrt an den Unterhaltungsbedürfnissen der Medienkonsumenten.

Bezeichnenderweise wurde diese wissenschaftliche Untersuchung von rechter Seite schon torpediert, bevor sie Resultate vorgelegt hat. Dafür gibt es gute Gründe: Rechtspopulistische Politik profitiert davon, dass Medien episodisch, isoliert und billig arbeiten – da ihr langfristiges Ziel gerade die Gefährdung des »Funktionieren der Demokratie« (Imhof) ist.

Die Ursachen liegen für die Forschergruppe in der »Gratiskultur« – sprich in der Tatsache, dass in einem traditionellen Modell die Werbung die Redaktionen finanziert hat und die AbonnentInnen oder KäuferInnen einer Zeitung lediglich für die Druck- und Vertriebskosten aufkommen mussten. Da nun der Werbemarkt eingebrochen ist, reicht das Geld nicht mehr für die Finanzierung von qualitativ hoch stehend arbeitenden Redaktionen.

Eine Konsequenz wäre die der NZZ:

«Wir müssen für hochwertige Inhalte Geld verlangen», sagt Peter Hogenkamp; er ist neuer Leiter Digitale Medien beim Verlagshaus. «Sonst können wir künftig die Redaktionen nicht finanzieren.»

Hogenkamp will also die LeserInnen an den redaktionellen Kosten beteiligen – sprich: Man müsste als LeserIn für das gleiche wie früher neu mehr bezahlen, weil eine andere Einnahmequelle versiegte.

Ich überlege schon seit längerem, ob es einen vergleichbaren Fall gibt, in dem KonsumentInnen bereit waren, für ein Produkt mehr zu bezahlen, weil jemand anderes es nicht mehr im gleichen Ausmass finanziert hat.

Andererseits kann man auch einen anderen Blickwinkel wählen: Die digitale KonsumentIn finanziert zwar »Druck« und Vertrieb (indem sie ein Endgerät kauft und den Datentransfer zumindest teilweise bezahlt), könnte aber gerade gleich viel wie bisher bezahlen – weil er/sie ja auch gleich viel erhält auf dem Netz.

Die Kritik am Vorgehen der NZZ wurde von Marcel Weiss auf Netzwertig.com schon detailliert formuliert. Sie lässt offen, welche Alternativen bestehen. M.E. sind es nur zwei:

  1. Der Staat ermöglicht eine funktionierende (und die Demokratie ermöglichende) Medienlandschaft, indem er beispielsweise mit Billag-Gebühren (die als umfassende »Medien-Steuer« erhoben würden«) eine nachhaltig operierende, politisch neutrale Nachrichtenagentur aufbaut, die starke Wirtschafts- und Auslandredaktionen hat. Diese Agentur würde Tageszeitungen, Onlineportale und audiovisuelle Medien gleichermassen und gratis bedienen. (Die Unterstützung für das Schweizer Fernsehen viele weg – diese Unterstützung mutet in Zeiten von Medienkonvergenz ohnehin anachronistisch an.)
  2. Der Online-Werbemarkt legt zu und ermöglicht dank neuer Modelle eine ähnliche Finanzierung wie sie bisher möglich war. Wenn Werbung bisher meine Zeitung finanziert hat – warum sollte sie es in Zukunft nicht mehr tun?
    (Hier gibt es dann wohl das Problem, dass Internetwerbung ihre Wirksamkeit zu gut messen kann – und so günstiger verkauft werden muss als Printwerbung.)

Das böse Internet – und Sexismus 2.0

Das Internet – so kann man etwas salopp sagen – ist nicht mehr so sexy wie einst. Wer »im Internet« ist, ist nicht woanders, tut nichts »Reales« und vermutlich was Ungutes – wenn man all das ernst nimmt, was man so über soziale Netzwerke, Google, Datenschutz und überhaupt hört (die sinnlose Auflistung ist gewollt: sie zeigt, wie wenig differenziert man über »Internet« spricht). Dann kommen noch die Geschichten dazu, bei denen 11-Jährige vom Internet mit dem Tode bedroht werden.

Folglich kommen staatliche Organe auf zwei bemerkenswerte Ideen:

  1. Das Netz ausschaltbar machen. So argumentiert beispielsweise der Bund Deutscher Kriminalbeamter:

    „Attacken auf die digitale Infrastruktur des Landes können sich ähnlich verheerend auswirken wie atomare Angriffe.“ Deshalb bedürfe es eines „Reset-Knopfs für das Internet“, mit dem das Kanzleramt Deutschland im Ernstfall sofort vom Netz nehmen könne. [Quelle: Netzpolitik.org]

  2. Eine Ausweispflicht für das Internet einführen. Auch hier ist wieder der BDK ganz vorne mit dabei, aber auch in der Schweiz gibt es Bemühungen, mit der SuisseID eine staatlich geprüfte Identität fürs Internet einzuführen.

Man kann nun beide Vorschläge diskutieren – gemeinsam ist ihnen, dass es um die Rolle des Staates im Umgang mit dem Internet geht. Diese Rolle soll, geht es nach vielen PolitikerInnen und JournalistInnen, größer werden.

Im Gegensatz dazu stehen zwei Dokumente, die mir viel weitsichtiger und tiefgründiger erscheinen – und Probleme nicht ignorieren, sondern zusätzlich echte Lösungsansätze diskutieren. Das erste sind die 42 finalen Thesen zum Internet von Marcel-André Casasola Merkle, die durchaus auch eine vergnügliche Lektüre sind, das zweite die Forderungen für ein lebenswertes Netz vom Chaos Computer Club (CCC). Daraus seien die »Thesen zur Netzpolitik« zitiert:

Thesen zur Netzpolitik

  1. Netzzugang ist ein Grundrecht und Bedingung für die Teilnahme am kulturellen und politischen Leben
  2. Nutzen des Netzes kann sich nur entfalten, wenn die Netzneutralität garantiert ist
  3. IT-Großprojekte der öffentlichen Hand nach sinnvollen Kriterien vergeben
  4. Öffentliche Daten transparent handhaben
  5. Klare Absage an Softwarepatente
  6. Urheberrechtgesetzgebung modernisieren
  7. Zugangsprovider haften nicht für die Daten ihrer Kunden
  8. Private Daten besser schützen
  9. Recht auf Anonymität etablieren
  10. Profilbildung über Menschen verhindern
  11. Whistleblower-Schutz verbessern

Dazu möchte ich nur eine Bemerkung machen: Grundsätzlich scheint mir beides nachvollziehbar – die Forderung nach einer Ausweispflicht, damit man beispielsweise auch per Internet abstimmen kann und beim Abschluss von Kaufverträgen eine gewisse Sicherheit hat UND die Forderung nach dem Recht auf Anonymität im Netz. Gerade diese beiden Positionen scheinen aber kaum vereinbar zu sein – wenn es nämlich Ausweise gibt, welche »seriöse« Seite würde dann darauf verzichten, die einzusehen – und was könnte man dann anonym noch tun?

* * *

Daran schließt eine Diskussion an, die ich für außerordentlich wichtig halte: Die Rolle von Frauen im Internet. Grundsätzlich könnte man ja denken, dass gerade durch die Semi-Anonymität das Geschlecht im Internet zu einem Faktor geworden ist, den man vernachlässigen kann. Die ersten Phasen intensiver Internetnutzung in der Adoloszenz habe ich zu einem großen Teil damit verbracht, mich auf Chats als Frau auszugeben (ich bin keine, bevor es zu Verwechslungen kommt) – mit dem Resultat, dass mir klar geworden ist, wie wenig wir intuitiv wahrnehmen, dass ein Internetprofil nichts mit der wirklichen Welt zu tun haben muss.

Die Diskussion, die ich meine, lässt sich in folgenden Punkten zusammenfassen (und in diesem Emma-Artikel nachlesen):

  1. Das Netz wird in allen Belangen mindestens zur Hälfte von Frauen genutzt (auch was das Verfassen von Blogs etc. betrifft.)
  2. In der öffentlichen Wahrnehmung (Blogcharts, Twittercharts etc.) dominieren Männer das Netz.
  3. Sexismus 2.0 bedeutet, dass Kompetenz im Bezug auf Technik und Internet nur Männern zugeschrieben wird.
  4. Sexismus 2.0 bedeutet auch, dass sich Frauen in Kommentaren beschimpfen lassen müssen, wie das sonst nur Nazis über sich ergehen lassen müssen (»Suchen Sie sich einen Mann und sitzen Sie nicht vor technischen Gerätschaften wie dem Computer.«)
  5. Auch wenn das Internet »post-gender« sein könnte (also die Geschlechterrollen keine Rolle mehr spielen könnten) – ist es zu stark mit der wirklichen Welt verflochten und Teil davon, als dass die Probleme des Geschlechterverhältnisses nicht auch aufs Internet übergreifen könnten.
  6. Das Problem scheint zu sein, dass Sexismus sich im Netz verstärkt.
  7. Die Lösung des Problems scheint zu sein, dass sich Frauen vernetzen und ihren Status als Expertinnen betonen.

(Als Beispiel noch die Schweizer Twittercharts, Woche 29:
1. @mcschindler – PR 2.0-Expertin, 11. @sufranke – Corporate Communications-Expertin, 12. @rhinnen – Informatikerin und Experint von Online-Marketing. Und dann kommen mit @shibby und @sphings zwei Frauen, die sich nicht primär als Web/Technik-Expertinnen hervortun.)

Tipps zum Weiterlesen zu dieser Thematik: Der Blog von Anne Roth und die Seite von Antje Schrupp.

…ob ich ein iPad kaufen werde

Die Frage, ob ich ein iPad kaufen werde, dürfte von Leuten, die mich kennen, kaum ernst genommen werden: Die Frage dürfte nur sein, wann ich denn eines kaufen werde.

Dennoch möchte ich diese Frage kurz erörtern, da sie fast symbolischen Gehalt hat – und einfach mal kurz auflisten, was denn dagegen spricht.

1. Infantilisierung der User.
Cory Doctorow, eine Art Internetlegende, hat energisch Gründe präsentiert, warum man kein iPad kaufen soll. Bottom Line: Apple behandle die Konsumenten, als entsprächen sie der sprichwörtlichen eigenen Mutter, also einer Person, welche in Bezug auf Technik unwissender und lernunwilliger nicht sein könnte. Man verstehe bzw. besitze, so Doctorow, ein Gerät erst dann, wenn man es öffnen könne; und lernen würde man ohnehin nur, wenn man selber Software für ein Gerät schreiben könne.
Natürlich musste ich an die Zeiten zurückdenken, als ich auf einem Intel-268er-Gerät jeweils die autoconfig.bat und andere Dateien im Texteditor mit kryptischen Befehlen modifizieren musste, um die Ram-Struktur dahingehend zu gestalten, dass ein Stück Software auch funktionierte – und kann gerne zugeben, dass ich dabei etwas gelernt habe.
Aber wenn Doctorow gerade den Tech-Bloggern vorwirft, Geräte deshalb euphorisch zu besprechen, weil es Geräte seien, die nur Tech-Blogger bräuchten: Dann kann man wohl auch sagen, dass die wenigsten Leute beim Gebrauch eines Gerätes etwas über Informatik oder sonstwas lernen wollen, sondern einfach das Gerät zu einem bestimmten Zweck einsetzen wollen.
Fazit: Ein iPad kaufte ich um Medien zu konsumieren – und nicht, um es aufzuschrauben. (Doctorow wirft dem iPad insbesondere vor, es mache die Benutzer zu Konsumenten…)

2. Widerstand gegen die Allmacht Apples.
Apple (und natürlich auch Google) sind so starke Player, dass befürchtet wird, sie könnten das Internet in eine Art restaurative Phase zwängen: Da man Inhalte nur noch via Apple und Google verbreiten und bewerben und und und kann, bestimmen diese Firmen, wie das Internet auszusehen hat. Darum geht es tatsächlich teilweise: Während Google die Werbung teilweise monopolisiert hat, schuf Apple einen attraktiven Weg, Content zu bezahlen und zu verkaufen; was vor iTunes und dem AppStore nicht geklappt hat. Wenn nun mit dem iPad noch die Printmedien dazukommen, dann müssen Inhalte nach den Richtlinien von Apple gestaltet und verkauft werden.
Doch auch diese Befürchtung ist etwas kurzsichtig. Mit jeder Innovation, welche Kunden dazu gezwungen hat, sich beispielsweise Software nur kostenpflichtig anzueignen (Disketten, CD-Roms, Kopierschutz), entstand sofort auch eine Umgehung dieser Pflicht. Heute sind digitale Inhalte aller Art auf verschiedenen Wegen kostenlos erhältlich – auch Printmedien (ich kann beispielsweise jede Ausgabe des Spiegels am Tag seines Erscheinens runterladen, ohne einen Cent zu zahlen). Diese Tendenz können weder Google noch Apple aufhalten, zumal Browser noch immer die zentrale Technologie sind und es ermöglichen, Inhalte ohne jede Form von Zensur anzubieten und aufzufinden.

3. Zensur.
Apple schliesst gewisse Apps aus, aus Gründen, die nicht immer nachvollziehbar sind. Also – so sagen viele Leute – hat Apple die Zensur beim iPhone und iPad eingeführt.
Falsch, sage ich: Zensur ist, wenn die Verbreitung von Programmen und oder anderen Inhalten nicht möglich ist. Apple sagt lediglich, innerhalb des AppStores dürften die nicht angeboten werden. Niemand hat je einen Grossverteiler der »Zensur« bezichtigt, weil er kein Kokain im Angebot hat und es auch nicht aufnehmen will – und genau so agiert Apple. Der AppStore garantiert den Benutzern, dass ein gekauftes Stück Software sich problemlos installieren lässt und dass man sein Geld zurück erhält, wenn es das nicht tut. Zudem ermöglich es, Software mit minimalen Vertriebskosten an die Kunden zu bringen.
(Wie absurd der Vorwurf der Zensur ist, wird dann deutlich, wenn die Bedeutung von Internetpornographie und Apples strikter Ausschluss pornographischer Produkte bedacht wird.)

4. Preis/Leistung I.
Apple-Laien begegnen mir immer wieder mit dem Argument: »Mein krasses Windows Y-Tablet-irgendwas hat imfall 300 Speicher und 700 Geschwindigkeit und erst noch eine 15 Megairgendwas-Kamera, während dein Apple – wie viel hat das überhaupt ? Und gekostet hat es auch viel weniger.« Antwort: I couldn’t care less. Mein Apple-Dings kostet vielleicht viel, aber es poppen nicht alle zehn Sekunden Fehlermeldungen auf, ich muss keine Software installieren, wenn ich einen Memory-Stick anschliesse und es tut generell das, was ich von ihm erwarte. Daher ist es so viel wert, wie es kostet.

5. Preist/Leistung II.
Vielleicht haben mir die geduldigen LeserInnen, die bis hier ausgeharrt haben, nicht zugetraut: Aber es gibt tatsächlich ein Argument gegen den Kauf eines iPads, und es geht um den Preis und um die Leistung.
Mit dem iPad kann ich nichts, was ich mit meinen Geräten jetzt nicht auch schon könnte – vielleicht nicht so praktisch, aber ich kann. Und ein iPad kostet so viel wie eine Tonne Reis kostet. Natürlich will ich keine Tonne Reis, aber vielleicht gibt es auf der Welt 1000 Leute, die gerne je ein Kilo hätten. Und zwar lieber, als ich ein neues iPad. Und das ist, wie ich finde, ein ziemlich gutes Argument.

Sollte ich – und diese Bemerkung ist eine Art Versicherung – nun doch bald ein iPad haben, so zeigt dies ein weiteres Mal, wie schwach Menschen sind, wie wenig ihnen grundlegende Einsichten bedeuten und wie wenig Moral es gäbe, wenn man das Verhalten von Menschen als Maßstab für ihre Überzeugungen nehmen dürfte.

WLAN Crazyness – Zeit für Freifunk

Gestern musste ich am Bahnhof Oerlikon auf den Bus warten und wollte schnell eine Mail beantworten. Nichts liegt näher, als sich verüfgbare Wireless-Netzwerke anzuschauen (bevor man sich dann über Internet-Tethering übers iPhone einloggt):

airport

Abgesehen davon, dass das Benennen einer solchen Station offenbar ein poetisches Verfahren ist, zeigt diese Übersicht schön, wie sinnlos sowas ist. Ein öffentliches, frei zugängliches Netz wäre zumindest in den urbanenen Gegenden der Schweiz die naheliegendste Lösung. Wer dann noch befürchtet, die Strahlung, die von so einem Netz ausginge, nicht ertragen zu können, könnte sich ja mal fragen, wie er mit der Strahlung, die von bestehenden Netzen ausgeht umgeht.

Tatsächlich gibt es eine freifunk.net-Bewegung:

Freifunk_logoIn der Schweiz heißt diese Bewegung openwireless.ch, auf Wikipedia kann man über den idealistischen Hintergrund der Bewegung nachlesen:

Die Vision von Freifunk-Initiativen ist die Verbreitung freier Netzwerke, die Demokratisierung der Kommunikationsmedien und die Förderung lokaler Sozialstrukturen. Durch die Vernetzung ganzer Stadtteile, Dörfer und Regionen möchten die Initiativen der digitalen Kluft [=digital divide] entgegenwirken und freie unabhängige Netzwerkstrukturen aufbauen.

Zu diesem ideologischen Überbau, gegen den nichts einzuwenden ist, gesellen sich zwei pragmatische Lösungen:

  1. Eine staatlich kontrollierte, private Gesellschaft wird beauftragt, als Service Public in der Schweiz flächendeckend frei zugängliches Wireless-Internet bereitzustellen (Sicherheitsvorkehrungen sollen natürlich getroffen werden). Finanzieren könnte man das, indem man z.B. SF den Unterhaltungsauftrag streicht.
  2. Alle hören auf ihren Internetzugang zu verschlüsseln. Das wird in Estland praktiziert, mit dem Resultat, dass man, egal in welchem Ort man gerade ist, frei aufs Internet zugreifen kann. Probleme gibt es damit keine.